Was habt ihr in der Schule fürs Leben gelernt?
Hand aufs Herz: Mit welchem Gefühl blickt ihr auf eure Schulzeit zurück? Egal, ob wir sie eher positiv oder negativ in Erinnerung haben, sind die Jahre eine besonders prägende Lebensphase, in der Grundsteine für den weiteren Lebensweg gelegt werden. Wir haben sieben Abiturient*innen der Oberschule Kurt-Schumacher-Allee gefragt, was sie in der Schule fürs Leben gelernt haben.
Text: Elena Tüting; Interviews: Jule Schlicht; Fotos: Shanice Allerheiligen
Die Oberschule Kurt-Schumacher-Allee in der Vahr ist eine inklusive Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe. Die Schüler*innen der »KSA« kommen aber nicht nur aus der Vahr, sondern aus ganz Bremen, um hier ihr Abitur zu absolvieren, da sie als eine von wenigen Schulen in Bremen neben den Profilen Englisch, Mathematik, Geografie und Biologie auch Pädagogik als Leistungsfach anbieten kann.
Das Schulklima ist durch das große politische Engagement der Schüler*innen geprägt, was sich anhand vieler Aktionen und Projekte zeigt. Als Reaktion auf den Ukraine-Krieg haben Schüler*innen und Lehrer*innen beispielsweise gemeinsam eine Versammlung gestaltet, die durch den Vahr-Report dokumentiert wurde. Weitere Einblicke in den Schulalltag und die Projekte gibt es im schuleigenen Podcast »Die mündliche Note«.
Wir haben mit sieben Schüler*innen der Oberstufe der KSA gesprochen, die sich aktuell auf ihre Abiturprüfungen in unterschiedlichen Leistungsprofilen vorbereiten und auch schon erste Pläne für die Zeit nach den Prüfungen schmieden. Sie alle schätzen das politische Engagement an der Schule und deren Umgang mit der Meinungsvielfalt, die in der diversen Schulgemeinschaft existiert. Besonders stolz sind die Schüler*innen auf den Streik, den sie vor den Herbstferien 2021 organisiert haben, um darauf aufmerksam zu machen, dass sie nicht mit den geplanten Corona-Maßnahmen einverstanden sind. Sie haben daraufhin eigenständig einen Hybrid-Wechselunterricht organisiert, durch den sie sich besser geschützt fühlten. Viele der Oberstufenschüler*innen sind zuvor auf die Gesamtschule Bremen Mitte gegangen, deren Lehrkonzept ebenfalls einen großen Einfluss auf sie genommen hat.
In Martas Schullaufbahn war der Wechsel von der Mittel- zur Oberstufe eine besondere Herausforderung: »Das war ein bisschen, als ob ich in der harten Realität angekommen wäre.« Dennoch empfindet sie die Lernatmosphäre an der KSA als druckfrei. »Die Lehrer*innen vermitteln auch, dass es okay ist, Schwächen zu haben und nicht in jedem Fach stark sein zu müssen. Dafür fördern sie die Stärken.« Das ist auch das, was sie für ihr Leben mitnimmt. »In der Schulzeit lernt man sich selbst und seine Fähigkeiten kennen, wodurch es dann einfacher wird, sich für einen Beruf zu entscheiden.« Marta selbst weiß noch nicht, was sie nach der Schule machen wird, aber ein Studium im Bereich Musik oder Lehramt kann sie sich gut vorstellen.
Finia beschreibt ihre Schullaufbahn rückblickend in einem Wort als »holprig«: Mobbing in der Grundschule und der Wechsel von Klassen zu Lerngruppen in der Gesamtschule Bremen Mitte haben es ihr schwer gemacht anzukommen. »Ich bin ein Mensch, der nicht so gut mit Wechseln klarkommt«, das hat sie in dieser Zeit über sich gelernt. Dennoch hat sie einen guten Abschluss gemacht, mit dem sie sich für das Abitur qualifiziert hat. In ihrer Schulzeit hat sie vor allem Eigenständigkeit und das Lernen selbst gelernt. Sie ist sich sicher, dass ihr das für ihr zukünftiges Studium der Sozialen Arbeit helfen wird.
Finn hat die Schulzeit immer als entspannt erlebt, vor allem, weil er mit Lehrer*innen und Schüler*innen immer gut klargekommen ist. Nach einem Austauschjahr in Südafrika, das ihn sehr geprägt hat, hat er sich bewusst für die Oberschule Kurt-Schumacher-Allee entschieden, weil er das Konzept des Miteinander-Lernens und den offenen politischen Diskurs an der Schule sehr schätzt. Aus der Schulzeit nimmt er auf der einen Seite ein großes Grundwissen in vielen Fächern mit und auf der anderen Seite die Fähigkeit mit unterschiedlichen Meinungen umzugehen und an Diskussionen teilzunehmen: »Wir führen viele politische Diskussionen und gerade in der Corona-Zeit gab es viele Konflikte, beispielsweise zum Thema Impfung. Aus diesen Diskussionen haben wir alle viel gelernt.« Finn plant nach dem Abitur ein naturwissenschaftliches Studium anzufangen, besonders reizt ihn die Richtung Informatik.
Für Lale war die Schulzeit durch die Gemeinschaft mit ihren Freund*innen »einfach eine gute Zeit«. Durch das freie und eigenständige Lernen an der Gesamtschule Mitte, zu der sie bis zum Abschluss der Sekundarstufe I gegangen ist, hat sie viel darüber gelernt, wie sie sich in Gruppen einbringen kann. Besonders geprägt hat sie die Organisation des Streiks zu den Corona-Maßnahmen in den Schulen, für die sie mit vielen unterschiedlichen Mitstreiter*innen zusammengearbeitet hat und auch Konflikte austragen musste. Sie möchte ein freiwilliges soziales Jahr über den Europäischen Solidaritätscorps im Ausland machen und hat sich schon bei verschiedenen Organisationen beworben.
Miriam blickt sehr positiv auf ihre Schullaufbahn zurück, sie war durch das soziale Miteinander mit Freund*innen und eine druckfreie Lernatmosphäre geprägt. Ihr wichtigstes Aha-Erlebnis hatte sie bei einem Corona-Streik an der Schule, den sie mitorganisiert hat. Dabei ist ihr bewusst geworden, dass politisches Engagement notwendig ist, wenn man etwas verändert will. Deshalb schwebt ihr nun für ihre Zukunft ein Politik-Studium vor. Doch bevor sie das beginnt, will sie ein freiwilliges soziales Jahr machen und reisen.
Luise schaut mit gemischten Gefühlen auf ihre Schullaufbahn zurück: In der Mittelstufe hat sie die Schule gewechselt, da sie sich in der Schulgemeinschaft nicht wohl gefühlt hat und auch die Noten immer schlechter wurden. Der Schulwechsel hat zum Glück vieles verbessert und auf der KSA fühlt sich endlich in der Schulgemeinschaft angekommen. Der prägendste Moment war für sie ebenfalls die Organisation des Streiks gegen die Corona-Maßnahmen. Diese Erfahrung hat auch ihren Zukunftsplan beeinflusst, denn sie möchte ein freiwilliges soziales Jahr im politischen Bereich machen.
Hanna und Lennard haben eine sehr ähnliche Schulzeit durchlaufen. Sie sind zusammen auf die Grundschule gegangen und haben danach jeweils eine Gesamtschule mit vergleichbarem Lehrkonzept besucht, die sie besonders geprägt hat: »Wir waren ein Pionierjahrgang, in dem jahrgangsübergreifender Unterricht und ein sehr selbstständiges Lernkonzept eingeführt wurde, das dann in der Gesamtschule noch weiter gefestigt wurde. Dadurch sind wir sehr selbstorganisiert.« Für die Zeit nach der Schule haben die beiden aber ganz unterschiedliche Pläne: Lennard will vor allem eins: »Nicht nichts machen«. Allerdings weiß er noch nicht konkret, was er machen wird. Hanna hingegen will erstmal ein Jahr pausieren, bevor sie ein Studium beginnt: »Ich will vielleicht ein bisschen arbeiten, Geld verdienen und dann reisen.«