»So ein buntes Publikum gibt es sonst nirgendwo«

 

Stefanie ist Betriebsleiterin der Cocktailbar »Blauer Fasan«. Im Dezember 2020 ist die Bar in die Böttcherstraße gezogen – ein mutiger Schritt mitten im Lockdown. Doch mit dem besonderen Ambiente der Straße und der bunten Mischung der Gäste ist sie sehr glücklich.

Text: Elena Tüting, Fotos: Jule Schlicht, Leon Buchholz

Ich bin mit Betriebsleiterin und Barkeeperin Stefanie Steinbrink Kelly im »Blauen Fasan« zum Cocktails mixen verabredet. Die Bar liegt etwas versteckt am hinteren Ende der Straße Richtung Schlachte, direkt gegenüber befinden sich mit dem Glockenspiel und den Museen Böttcherstraße zwei beliebte Sehenswürdigkeiten. Beim Betreten der Bar fallen einem als erstes die knapp 500 goldenen Käfige in die Augen, die von der knallblau gestrichenen Decke hängen. Das Interieur ist ähnlich edel-exotisch gestaltet wie in der Schwesterbar, dem »Perlen und Primaten« im Viertel.

Von Vancouver nach Bremen

Stefanie erwartet mich am Bartresen und erzählt mir, dass sie vor 12 Jahren von Kanada nach Bremen gezogen ist. Die Neugierde auf Neues, aber auch ihre deutschen Wurzeln haben sie nach Bremen gelockt, denn ihre Großeltern mütterlicherseits stammen von hier. In Vancouver hat sie General Studies studiert: »Da lernt man ein bisschen von allem.« Der berufliche Weg in die Gastronomie hat sich zufällig durch den Genuss eines besonders guten Whiskey Sours ergeben. 

»Ich habe damals schon in Bars gearbeitet, aber mochte überhaupt keinen Whiskey. Dann hat eine Freundin einen Whiskey Sour für mich gemixt, der mir super gut geschmeckt hat. Ich war total überrascht: Wie kann das sein? Er enthält nur drei Zutaten: Whiskey, Zucker und Zitrone. Ab da hat mich die Kunst des Mixens fasziniert.«

 

Eine Bar in Bremens Tourismus-Hot Spot

Mit dem Umzug des »Blauen Fasans« von der Langenstraße in die Böttcherstraße im Dezember 2020 ist Stefanie Betriebsleiterin geworden – große Verantwortung in schwierigen Zeiten. Erst ab Juli 2021 konnten sie den Laden öffnen und Gäste begrüßen. Trotzdem ist Stefanie von der neuen Lage und ihrer Aufgabe begeistert. »Ich bin erst mal sehr zufrieden. Wir sind nicht mal ein Jahr richtig hier drin und es läuft super, das ist sehr schön zu sehen. Ich will den Laden richtig aufbauen und zum Laufen bringen.«

Dabei helfe die prominente Lage auf jeden Fall. Viele Tourist*innen flanieren durch die Straße und landen dann auch im »Blauen Fasan«, aber Stefanie und ihre Kolleg*innen sind sehr überrascht, wie viele Einheimische regelmäßig kommen. Sie haben alte Stammgäste aus der Langenstraße mitgenommen und neue gewonnen. »Es ist eine tolle Mischung aus Tourist*innen und Einheimischen, bei uns sitzen die jungen Pärchen neben den Geschäftsleuten, das findet man im Viertel nicht.« 

Gehobene Mixologie

Ein normaler Arbeitstag beginnt für Stefanie um 17.30 Uhr. Zuerst muss sie sich dafür durch die Tourist*innengruppen schlängeln. »Im Stress des Alltags verliere ich manchmal den Blick für die Schönheit der Böttcherstraße. Wenn dann so viele staunende Menschen meinen Weg kreuzen, ermahne ich mich selbst , auch noch einmal Pause zu machen und die Straße zu genießen.« Angekommen in der Bar kontrolliert sie zunächst alles und bereitet die Säfte und Zutaten vor, die sie für die Cocktails braucht. Um 19 Uhr öffnet der Blaue Fasan seine Türen für die Gäste. An guten Tagen geht es dann bis spät in die Nacht, aber wenn die Bar nicht gut besucht ist, schließen sie auch früher. »Wenn dann um 2 Uhr nur noch zwei Gäste da sind, machen wir dann eher schon zu, dafür braucht es etwas Fingerspitzengefühl.«

Die Cocktailkarte des Blauen Fasans ist umfangreich, von den Klassikern bis hin zu experimentellen Eigenkreationen ist alles dabei. Stefanie mixt mir einen selbst kreierten Cocktail aus Carpano Bitter, Himbeer, Thymian und Zitrone und einen klassischen Negroni, beide schmecken mir super. Stefanie mixt außerdem gerne Cocktails mit Eiweiß: »Das ist für viele Gäste eine unbekannte Zutat und damit kann man einen super Whiskey Sour mixen, den empfehle ich gerne.«

 

»Das ist einfach eine sehr schöne kleine Straße«

Wenn Freunde und Familie aus Kanada zu Besuch kommen, sind alle von der Schönheit der Böttcherstraße überrascht, erzählt Stefanie. Ihr Vater war schon mehrmals da und hat sich das Glockenspiel, die Ständige Vertretung und all die kleine Läden angeguckt. »Wir haben nicht so viele Orte in Kanada, die so alt sind. Deshalb ist das für unseren Besuch aus der Heimat immer was ganz besonderes.« 

Für Stefanie sind die Sehenswürdigkeiten um sie herum mittlerweile alltäglich geworden, dennoch kann sie sich erstmal nicht mehr vorstellen, woanders zu arbeiten: »Nein, ich bin sehr glücklich hier.«

 

Noch mehr Arbeitsalltag aus der Böttcherstraße

Matthias Greving von »Kinescope Film«

Matthias ist überzeugt: Die Highlights einer Stadt müssen Teil des Alltags der Menschen sein – nur so gelingt eine Wahrnehmung. Uns hat der Gründer und Geschäftsführer von Kinescope Film berichtet, welche Bedeutung die Bremer Böttcherstraße und Sehenswürdigkeiten für ihn haben.

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Dr. Henrike Hans von den Museen Böttcherstraße

Sehenswürdigkeiten haben einen gesellschaftlichen Auftrag – daran bestehen für Dr. Henrike Hans keine Zweifel. Im Gespräch erzählt die wissenschaftliche Mitarbeiterin und Sammlungskuratorin der Museen Böttcherstraße uns, was ihren Arbeitsalltag ausmacht.

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